Verteidigungsrede
1 Verteidigung 2 1. Ich bin mit Scholl an einem1 Abend bei Frau Dr. Mertens bekannt gewor- 3 den, zu dem sie mich gebeten hatte. Es war eine Anzahl junge Mediziner 4 und Studentinnen und einige Ältere aus ihrem Bekanntenkreis geladen. 5 Sie las eine kleine Skizze über religiöse Erneuerung, die wegen gewisser Ein- 6 seitigkeiten und ziemlich weltferner Einstellung bei den jungen Leuten 7 auf Widerstand stieß. Im Verlauf der Diskussion ergaben sich scharfe Gegen- 8 sätze zwischen „Nord und Süd“, deren Exponenten Scholl (Süd) und ein 9 Dr. Ellermann waren, die ich zu überbrücken suchte. Beide machten mir 10 einen sehr intelligenten Eindruck und man beschloss, wieder zusammen 11 zukommen. 12 2. Ende Juni wurde ich von Scholl, den ich in d Zwischenzeit kaum einmal nach meinem Kolleg2 gesehen 13 hatte, zu einer Zusammenkunft in Harlaching geladen. Trotz beruflicher3 Überlastung 14 sagte ich zu und traf Scholl um 6 h abends an der Haltestelle Hl. Geist. Einige 15 Tage vorher hatte ich ein Flugblatt „Weisse Rose“ zugeschickt erhalten, das ich 16 mit Prof. Dr. Karl A. v. Müller besprochen hatte. Dass Scholl der Verfasser war, konnte 17 ich damals nicht wissen. Schmorell, in dessen Villa die Zusammenkunft 18 stattfand, kannte ich noch gar nicht. Eine mir unbekannte4 Studentin, Frl. Lafrenz die mit 19 Scholl und mir herausgefahren war, fragte mich kurz vor Ankunft in der 20 Villa Schmorell, ob ich auch ein Flugblatt „Weisse Rose“ erhalte habe, was 21 ich bejahte. Dass Fräulein Lafrenz, die ich ja nicht kannte, von der Autor- 22 schaft des Flugblattes damals schon wusste, und die Zusammenkunft, habe ich 23 erst bei der Vernehmung durch den Kommissar erfahren.
24 3. Die zwanglosen5 Erörterungen in Villa Schmorell, in denen freilich Kritik an d po- 25 litischen Lage, und mit vollem Recht, geübt wurde, nahmen bald das Thema 26 „Nord-Süd“ wieder auf und ich stellte mich in sehr wesentlichen Punkten 27 der Anerkennung der politischen Leistung Preussens auf Seite Dr. Eller- 28 mann’s und empfahl sogar das Schrifttum d Erhebung Preussens 1813 29 zur Lektüre in der vollen Absicht, auf eine Gesundung und Vertiefung des 30 politischen Niveau’s in dem kleinen Kreis ernsthaft suchender Akademi- 31 ker hinzuwirken. 6 Wir waren uns darüber einig, dass die politische Erzie- 32 hung durch Partei und Studentenführung in keiner Weise ernst zu 33 nehmen war. Mit leeren Phrasen und Zwangspropaganda lassen sich 34 ernsthafte deutsche Studenten auf die Dauer nicht „erziehen“. Diese 35 strikte und scharfe Ablehnung des niederen7 politischen Niveau’s an der Hochschule 36 war es, was alle Teilnehmer verband. 37 4. Nach dem Abend in Villa Schmorell sah ich Scholl nur öfters kurz nach 38 meinem Kolleg mit einigen Studentinnen und Studenten zusammen, wo- 39 bei nur kurze Worte gewechselt wurden. Als der Einsatz d Studenten in der 40 Sanitätshilfe während des8 Sommersemesters bekannt gegeben wurde, lud 41 mich die Gruppe Scholl nach dem Kolleg zu einem Abschiedsabend 42 in das Atelier Eickemaier. Ich hatte keinen Grund, abzusagen, da 43 ich mit fähiger studentischer Jugend immer gern in Fühlung 44 blieb. Gleich zu Beginn des Abends wurde die Frage erörtert, wie sich die 45 Studentenschaft draussen verhalten soll. Damals empfahl Schmorell 46 meines Wissens erstmals in vagen Formulierungen9 aktiven Widerstand, was von uns anderen 47 und auch von Scholl ausdrücklich abgelehnt wurde. Ich selbst war der 48 Ansicht, dass die Studenten sich ganz auf Seite d Wehrmacht ge- – 2 – 49 gen die drohende Vorherrschaft der SS und die „Politisierung“ des Sol- 50 daten wenden sollten. Auch damals wusste ich noch nicht, dass Scholl 51 die Flugblätter d „Weissen Rose“ herausgegeben hatte. Ich bat Scholl, 52 mir gelegentlich über seine Eindrücke von der russischen Front 53 zu schreiben, was mir auch andere Studenten sehr verschiede- 54 ner Richtung getan hatten. Ich selbst schrieb keine Briefe, da 55 ich durch die dringliche Fertigstellung eines Manuskripts den 56 ganzen Tag an die Maschine gebunden war. Von irgendwelchen 57 Beschlüssen zur Ausgabe von Flugblättern oder gar Anregungen zu 58 Sabotageakten war in d Unterhaltung keine Rede. Wieder lag der 59 Nachdruck d Kritik auf dem ideellen Kampf gegen das unerhörte 60 Vorgehen der Partei in den besetzten Gebieten, die Massenmorde, 61 die Schiebungen und Ungerechtigkeiten in der Etappe, die Beschnei- 62 dung aller geistigen und zumal auch der religiösen10 Freiheit. Dieser „Meinungsaustausch“ – mehr 63 war es in meinen Augen nicht – dauerte nicht lange. Bald löste er 64 sich in Einzelgespräche über die verschiedensten Dinge auf. 65 Ich verliess das Atelier gegen 10.40 h und wurde von einem Inns- 66 brucker Herrn zur Bahn begleitet.
1eines korrigiert zu an einem.
2einmal nach meinem Kolleg über der Zeile eingefügt.
3beruflicher eingefügt.
4mir unbekannte am Rand eingefügt.
5zwanglosen am Rand eingefügt.
6nachträglich Absatzzeichen eingefügt.
7niederen am Rand eingefügt.
8über die gestrichen, während des eingefügt.
9in vagen Formulierungen am Rand eingefügt.
10und zumal auch der religiösen am Rand eingefügt.
Ob nach meinem Weggang noch 67 politische Gespräche geführt wurden, weiss ich nicht. Klar ist mir, 68 dass unsere Besprechungen sich in nichts von einer voll berechtigten, 69 ja notwendigen Kritik an den bedenklichen1 Auswüchsen des heu- 70 tigen Machtsystems entfernten und auch die Möglichkeiten einer 71 Besserung von innen heraus, durch Selbsterziehung und Einwir- 72 kung auf andere ins Auge fassten. Diesen Auswüchsen gegenüber, 73 nicht unserer das Beste wollenden Kritik gegenüber, die überall 74 auf Wahrheit drang, ist die Rede vom Rechtsbruch am Platze. Un- 75 sere Kritik war eine Kritik an offen zutage liegenden Rechts- 76 brüchen, Rechtsverletzungen ,Rechtsverdrehungen2 zugunsten 77 der Machtstellen in Partei und Staat, die die heutige Regierung 78 jemals wird unterbinden können. Sie fühlt sich durch solche 79 Kritik bedroht; aber sie kann durch keine Machtmittel d Welt 80 verhindern, dass deutsche Menschen mutig und offen den Finger 81 auf die schwärende Wunde legen und die drohende Gefahr mit 82 klaren Worten aufzeigen. 83 Angesichts dieser Sachlage kommt es gar nicht darauf an, 84 was der einzelne von uns in diesem und jenem Falle gesagt hat. 85 Ich übernehme geschlossen für den damaligen Kreis die Verant- 86 wortung, dass er aus sittlichen Motiven, aus innerer Not und 87 im Kampf um das Recht des Einzelnen wie d Gemeinschaft 88 auf ihre politische Selbstbestimmung die Wege der Rückkehr 89 zu einem deutschen Rechtsstaat erörtert hat. Dies heilige Recht 90 nehme ich für alle in Anspruch. – 3 – 91 5. Im Spätherbst berichtete mir Scholl aus dem Feld in einem Brief, der mich 92 überraschte, über seine Eindrücke von d Front. Seine ehemals schärfste 93 Kampfstellung gegen Russland, in der ich mit ihm besonders sym- 94 pathisiert hatte, war einer wesentlich günstigeren, ja zum Teil posi- 95 tiven Wertung der russischen Verhältnisse gewichen. Er unterrichtete 96 mich kurz vor Weihnachten darüber mündlich in einem kurzen 97 Besuch in meiner Wohnung. Damals erfuhr ich erst von ihm, dass er die 98 “Weisse Rose“ herausgegeben hatte. 99 Nach Weihnachten wartete er öfters nach dem Kolleg auf mich. Mit 100 dem Kreis um Scholl bin ich nie zusammengekommen. Er besuchte mich 101 plötzlich eines Samstagnachmittags zu unserem Bed***3 in meiner Wohnung 102 und sprach unbestimmt von der Fühlungnahme mit anderen Hoch- 103 schulen, die mich nicht weiter interessierte. Hingegen erörterten wir ein- 104 gehender die Frage, wie wir uns positiv die Rückkehr zu einem rechtmässigen 105 Führerstaat im einzelnen dächten. In d Ablehnung der alten parla- 106 mentarischen Demokratieen waren wir einig, ebenso in der Forderung4 107 eines rechtmässigen föderalistischen Moments und eines wirklich 108 ständischen Aufbaus der Volksvertretung. Das Problem fesselte uns und 109 schien uns so dringlich, dass wir zu seiner Erörterung allein 110 gelegentlich zusammenkommen wollten. 111 An einem Abend Ende Januar trafen wir uns erstmals in Scholl’s 112 Wohnung. Die Schwester Scholl’s war zum Teil anwesend, beteiligte 113 sich jedoch nicht am Gespräch, fast5 ebenso wenig Schmorell, der später 114 kam. Ich entwickelte im wesentlichen einige der in meinem „Politischen 115 Bekenntnis“ niedergelegten Gesichtspunkte der Rückkehr zu einem 116 wirklichen Führerstaat. Scholl schien damals6 etwas radikaler und wollte das 117 Wort „Führerstaat“ ausgemerzt wissen. Doch war7 er meinen Ideen 118 im übrigen durchaus zugänglich. Ich wirkte auf ihn nachdrücklich in an- tibolschewistischem Sinn ein8. 119 Bei einem zweiten Besuch, um den mich Scholl eines Vormittags9 dringend 120 ersuchte, las10 mir Scholl unvorbereitet 11 in Anwesenheit Schmorells seinen Flugblatt- 121 entwurf „An alle Deutsche“ vor, ebenso einen Entwurf Schmorells, der 122 in ein Konzert12 gegangen war. Schmorells Entwurf lehnte ich als kommu- 123 nistisch klingend und im übrigen gar nicht klar und phrasenhaft 124 strikt ab. Von Scholls Entwurf, der nicht fertig war, liess ich, wie in 125 meiner Vernehmung dargestellt, den Anfang stehen, änderte an 126 dem unfertigen Teil einige Sätze stilistisch und setzte an Stelle eines 127 missverständlichen Satzes einen neuen ein. Ich verlangte die Entfer- 128 nung13 der Überschrift „Blätter der Widerstandsbewegung“. Ich konnte nicht anneh- 129 men, dass dieser Entwurf sofort ausgeführt wurde und zur Grundlage eines 130 Flugblattes werden würde. 132 Nach dieser Besprechung gingen wir in das Arbeitszimmer, wo die Schwe- 133 ster Scholl mit ein oder zwei Freundinnen etwas Tee gerichtet 134 hatte. Politisches wurde mit keinem Wort berührt. 137 Ich hatte keinesfalls den Eindruck, dass einer der Anwesenden von unserer 138 Besprechung wusste.14 Später kam noch 135 ein älterer, stark schwäbisch sprechender Herr. Ich muss ihn erwäh- 136 nen, weil er bei der Gegenüberstellung in der Polizei bestritten hat, 139 mich zu kennen. Die beiden bei d Vernehmung Gegenüberstel- 140 lung anwesenden Kommissare sind Zeuge, dass der Herr 141 bei der Gegenüberstellung auch in seinem Gebaren verriet, 142 dass er mich kennen musste. Bei Eickemaier – was allein 143 noch in Frage käme – kann ich mich nicht entsinnen, den 144 Mann gesehen zu haben. 145 6. Etwa Montag 8. Februar bat mich Scholl nach dem Kolleg mir15 einen 146 Dr. Harnack aus Berlin vorstellen zu dürfen. Ich lehnte sehr 147 bestimmt ab. Am anderen Morgen 9. Februar16 wartete er mich mit Harnack 148 nach dem Kolleg ab. Ich konnte nicht wohl mehr17 ablehnen und ging 149 mit in die Wohnung von Scholl. Harnack, der Volkswirtschaftler 150 ist, legte ich nach kurzem Gespräch über die durch den Fall 151 von Stalingrad geschaffene Lage auf seine Ansichten über 152 den Wirtschaftsaufbau Europas fest. Er entwickelte in ver- 153 schleierter Form in ein im ganzen18 rein kommunistisches Programm, 154 gegen das ich mich mit aller Schärfe wendete. Nach dem 155 Weggang von Dr. Harnack warnte ich Scholl nachdrücklich 156 vor jeder weiteren Fühlungnahme mit Harnack. Ich war mir nicht ganz 157 klar, ob Harnack mehr idealistischer, theoretischer Kommunist sei 158 oder ob er im Sinne einer Organisation arbeite. Persönlich machte 159 er einen sehr gepflegten, intelligenten, durchaus nicht unsympa- 160 thischen Eindruck. 161 7. Die Tage vorher war ich durch das Schicksal Stalingrads völlig 162 niedergeschmettert. Es war allgemein bekannt, daß die Katastrophe 163 nur der Unnachgiebigkeit Hitlers zu verdanken war und die mi- 164 litärische Leitung rechtzeitig gewarnt hatte. Es ging auch schon vorher 165 aus d Absetzung von Halders19 hervor, der – wie ich wusste – in München war. 166 Mit ausschlaggebend aber war für mich die einfach schmähliche, 167 widerwärtig** ******,20 im höchsten Grad unsittliche Aus- 168 schlachtung dieses Heldentums in der Parteipresse. Im selben Augen- 169 blick wagten Gauleiter und Studentenführer ihren unerhörten 170 Angriff auf die Frontstudenten und den indiskutablen21 Angriff auf die 171 Standesehre der Studentinnen. Keiner der Hochschulrektoren 172 und Professoren wagte es, sich mutig und eindeutig auf die Seite 173 der Studenten zu stellen. Das war für mich der Anlaß, mich klar 174 und aufrichtig von der Professorenschaft abzuheben. In den ein- 175 leitenden Worten meiner Vorlesung nach dem Fall von Stalingrad, 176 in denen ich zur Nachahmung des Heldentums der Kämpfer von Stalingrad 177 ohne Phrase22 aufrief, ließ ich bei meinen über 178 250 Hörern keinen Zweifel, dass ich die Behandlung dieser na- 179 tionalen Katastrophe in der Partei aufs schärfste verurteile. 180 Ebenso wenig waren Studentinnen und Studenten in d Koll23 bei 181 meiner Begrüßung am Tag nach der lächerlichen Studenten- 182 versammlung im unklaren, dass ich mich restlos auf ihre 183 Seite stellte. Ebenso habe ich Präsident v. Müller gegenüber privat24 in 184 scharfen Worten gegen diese niederträchtige Behandlung von 185 Studentinnen und Frontstudenten durch Parteiorgane, die bisher 186 noch keine Kugel pfeifen hörten, Stellung genommen. – 5 – 187 Mich an den25 Rektor zu wenden, dessen Verdienst darin bestand, 188 die freie Universität München restlos Herrn Himmler und seiner 189 SS unterstellt zu haben verbot sich bei dessen hinreichend bekannter Einstellung26 von selbst. Es ist unangebracht27, mir 190 dies als Feigheit auszulegen, wie es der Herr28 General der Polizei v.Eberstein 191 mir gegenüber getan hat. 192 In solchen Fällen tritt von jeher das Flugblatt in die Funktion, 193 sich öffentlich Gehör zu verschaffen. Die rein technischen Voraus- 194 setzungen dazu waren gegeben. Scholl ersuchte mich dringend, jetzt
endlich 195 selbst einzugreifen und im Namen und in d scharfen Tonart 196 des Studenten einen Aufruf zu verfassen, der sich lediglich 197 an die Studenten richten sollte. Er verlangte darin die29 Aufforde- 198 rung, aus den Gliederungen d Partei auszutreten und bei 199 berüchtigten30 Parteiprofessoren nicht mehr zu hören. Diese Forde- 200 rung sei in den erregten Diskussionen d Studentenschaft im- 201 mer wieder erhoben worden. Zugleich ersuchte er mich um ein 202 neuestes31 Studentenverzeichnis, da er den Aufruf nur schriftlich 203 versenden wolle. Ich brachte ihm am Ich gab ihm am 9. Februar nach der Besprechung mit Harnack32 ein altes von 1941 204 mit dem Bemerken, dass es ihm gar nichts nütze, und zeigte ihm 205 einen maschinengeschriebenen Entwurf, den ich in Eile zuhause 206 vor dem Kolleg geschrieben hatte. Scholl nahm das Blatt und strich 207*33 mit den entscheidenden Passus, der die Studenten zur 208* restlosen Unterstellung unter die Wehrmacht durch aufforderte, 209* durch34. Ich erwiderte empört35, dass sie damit ein36 Flugblatt auf eigene Verant- 210 wortung machen und verlangte, da er das Blatt nicht mehr zu- 211 rückgab, die sofortige Vernichtung meines Entwurfs. Ich verließ die 212 Wohnung sehr ärgerlich37 und habe Scholl und Schmorell nicht mehr 213 gesehen. In der Aufregung vergaß ich, das Studentenverzeichnis zurückzufordern.38 Ein zweimaliger39 telefonischer Anruf am Nachmittag 214 blieb ohne Antwort. Zwei Tage darauf musste ich zu einem Vortrag nach 215 Kempten fahren. Einen Tag nach meiner Rückkehr, meinem ersten 216 Kollegtag, warfen die Geschwister Scholl die Flugblätter in d Uni- 217 versität ab. 218 8. Zum Text des Flugblatts betone ich, dass es vom Standpunkt des in 219 seiner Freiheit beeinträchtigten Frontstudenten aus geschrieben ist. 220 Es behauptet40 jedoch nirgends eine Unwahrheit: Die volle Verantwortung 221 Hitlers für Stalingrad wird die Geschichte feststellen, die Behauptungen 222 über die Knebelung und Entsittlichung d Jugend durch die heutige 223 Parteierziehung halte ich uneingeschränkt aufrecht. Ich nehme kein 224 Wort davon zurück. Die Partei hat in den zehn Jahren ihres Wir- 225 kens die Freiheit und sittliche Selbständigkeit der heranwach- 226 senden deutschen Jugend restlos zerschlagen und das gesamte 227 Erziehungswesen bolschewisiert. Die deutsche Professorenschaft 228 hat als Gesamtheit der Vernichtung des deutschen Erziehungs- 229 und Bildungswesens im bolschewistischen Sinn tatenlos zu- – 6 – 230 gesehen. Diesen schweren Vorwurf erhebe ich nach wie vor gegen die 231 deutsche Hochschule. Er schließt nicht aus, dass im einzelnen 232 viele deutsche auch nationalsozialistische Professoren alles eingesetzt haben, um die schlimm- 233 sten Massnahmen der41 Regierung zu verhindern oder doch 234 abzuschwächen. Das kann jedoch an der Gesamtschuld der Pro- 235 fessorenschaft nichts Wesentliches ändern. Sie hat eindeutig 236 gezeigt, dass sie die geistige Führung d deutschen akademi- 237 schen Jugend nicht mehr in der Hand hat.
238 Der Aufruf unterstellt mit allem Nachdruck den deut- 239 schen Studenten der deutschen Wehrmacht42. [X Einschub s. unten!]43 260 [X Einschub – … der deutschen Wehrmacht] Der Wortlaut der Anklage- 261 schrift, mein Entwurf habe sich, „angeblich in nicht herabsetzendem 262 Sinne auch mit der deutschen Wehrmacht befasst“, entstellt dementgegen44 263 den Sachverhalt gänzlich. Der Entwurf betonte an der in meiner 264 Vernehmung angegebenen Stelle, dass sich die Studenten an der 265 Front und die45 Studentinnen und Studenten in der Etappe und in d 266 Heimat, in der Verwundetenpflege, im Laboratorium, aber auch 267 am Schreibtisch ganz und voll für das Vaterland geopfert hätten 268 und fügte wörtlich bei: „Stellt Euch weiterhin alle restlos in den 269 Dienst unserer herrlichen Wehrmacht“. Die Anklageschrift zi- 270 tiert aus dem Zusammenhang gerissen den Ausdruck 271 „unsere herrliche Wehrmacht“ und will wissen, dass er „übri- – 7 – 272 gens im Widerspruch zum übrigen Text stehe.“ Das ist ein beispielloser 273 Angriff auf meine Ehre. Von einem Widerspruch ist gar keine Rede, 274 genau im Gegenteil! Aber ich will mit den Worten d Partei ganz 275 exakt festlegen, was hier „Wehrmacht“ heisst! 276 Der Wortlaut der parteiamtlich redigierten Berichte aus dem 277 Führerhauptquartier trennt immer scharf „Truppen und Ver- 278 bände der Waffen SS“ und „Truppen und Verbände d Wehrmacht“. 279 Die Waffen-SS, nicht die Wehrmacht, rückt in Charkow ein usw. 280 Also ist nach einer einfachen Logik die Waffen SS kein Teil der 281 Wehrmacht. Im selben Sinne beschränkt der Entwurf die For- 282 derung „Unterstellt Euch unserer herrlichen Wehrmacht!“ Das 283 schließt nicht46 den mindesten Widerspruch47 zu meiner48 vollberech- 284 tigten Kritik an der Jugenderziehung der SS in sich. Ich bestreite 285 einen solchen Widerspruch auf das entschiedenste!49 286 (Siehe S. 6! Von irgend welchen. . . . ganz ferne liegen)50 239 Von irgend einer, 240 auch nur der leisesten Verkleinerung unserer Wehrmacht und 241 der wirklichen Heeresführung ist keine Spur. Nur in der Reini- 242 gung d Wehrmacht von zersetzenden Parteiinteressen zum 243 wirklichen Volksheer sieht er51 die Gewähr auch des militä- 244 rischen Sieges. An dieser Reinigung in erster Linie mitzuarbei- 245 ten, ist die Forderung, die der Aufruf an die Frontstudenten 246 wie an Student und Studentin d Heimat und d Etappe stellt. 247 Der Aufruf ist im höchsten Sinne national, aber er kämpft 248 mit Leidenschaft gegen die Parteipolitik im Heere. In ihr 249 sieht er die tiefste Wurzel militärischer Misserfolge vom 250 Ausmaße Stalingrads. 251 9. Nachdrücklich muss ich betonen, dass der Text des Flugblattes 252 „An alle Deutschen“, wie ihn mir Scholl vorlas52, 253 nach meinem Erinnern an keiner 254 Stelle eine Aufforderung zur Verfassungsänderung mit Gewalt ent- 255 hielt. Einen kommunistisch klingenden Satz liess ich streichen 256 und verlangte53 sehr bestimmt die Streichung d Überschrift „Blätter 257 der Widerstandsbewegung“ mit dem Bemerken, dass uns ein orga- 258 nisierter Widerstand ganz ferne liege. Die Kritik war meinerseits so ober- 259 flächlich kurz54, dass ich *55 nicht sagen kann, ob der Entwurf und das Flugblatt sich decken.56 Einschub! [. . . der deutschen Wehrmacht]57 287 Ebensowenig fordert mein eigener Entwurf „Studentinnen, Stu- 288 denten“ auch nur indirekt zur Anwendung von Gewalt auf. Am Tat- 289 bestand der reinen Machtherrschaft ,der Tyrannis aber kann kein 290 vernünftiger Mensch in einem Staate zweifeln, der alles Recht auf 291 den Willen eines Einzelnen letztendig zurückführt. In einem Staate58, 292 der den „Wilhelm Tell“ als staatsgefährlich vom deutschen Spiel- 293 plan absetzen muss und den Marquis Posa nicht mehr die Bitte 294 der Niederlande „Gebt uns Gedankenfreiheit“ vortragen lässt. Ich 295 habe die Überwindung dieser Tyrannis durch die Macht des Geistes 296 verlangt. Durch die Macht des Geistes, nicht durch Gewalt! Das heisst: Durch 297 die klare sittliche Einsicht, dass die heutige Anwendung der blossen 298 Macht, dass die Vernichtung von Hunderttausenden aus blossen 299 Machtinteressen59, dass die Knebelung Unterbindung60 jeder freien Mei- 300 nungsäusserung, jeglicher gesunden Kritik mit d Würde ei- 301 nes Rechtsstaates wie eines Kulturvolkes unvereinbar ist. 302 10. Auch von der Bildung einer äusseren oder inneren Organisa- 303 tion ist in dem Entwurf keine Rede. Er wendet sich an die 304 akademische Jugend der Hochschulen. Er fordert zur klaren 305 Ablehnung d unwürdigen Parteibevormundung auf61. Das ist 306 alles. Er wendet sich an eine von sich aus geschlossene Mehr- 307 heit. Auch das StGB kann nicht Organisation nennen, was 308 keine Organisation ist. Wenn sie die einheitliche Äusserung 309 eines Standpunktes eine Organisation nennen, dann hätten 310 sie vor fünf Wochen sämtliche studentischen Teilnehmer 311 an der Sven Hedinfeier wegen Hochverrats aburteilen müs- 312 sen, als sie bei d Ansprache des Rektors den Herrn Reichs- 313 statthalter, die anwesenden Generale und den Akademie- – 8 – 314 präsidenten mit tosendem Beifall begrüssten, hingegen 315 die Spitzen d Partei mit eisigem62 Stillschweigen über- 316 gingen. Das war die nicht zufällige Antwort auf die Belei- 317 digung d Studentinnen durch Studentenführer und Partei. (– 12 – unpaginiert) 436 Ergänzungen zur Anklageschrift63 437Nachdrücklich muss ich noch bemerken, dass das Flugblatt „An alle Deutschen“ 438 keine Aufforderung zur Verfassungsänderung mit Gewalt enthält. Den ein- 439 zigen in dieser Beziehung missverständlichen Satz, der von „Widerstand“ 440 sprach, habe ich gestrichen. Ich64 verlangte die Beseitigung d Überschrift 441 „Blätter d Widerstandsbewegung in Deutschland“. 442 Ebensowenig65 fordert mein66 Entwurf des Flugblatts „Studen- 443 tinnen…“ an irgend einer Stelle zur Anwendung von Gewalt auf. An d 444 Tatbestand d Tyrannis kann heute in Deutschland niemand zweifeln. 445 Ihre Besiegung durch „die Macht des Geistes“ verlangt gerade keine An- 446 wendung von Gewalt, sondern die Wirkkraft d sittlichen Einsicht, und das ist etwas ganz anderes.67 447 Zur Einsicht, zu nichts anderem wollte das Flugblatt auffordern. ‚Von 448 irgendwelcher organisatorischen Absicht ist in meinem Entwurf keine 449 Rede. Ich habe Scholl ausdrücklich verboten, die Überschrift „Blätter 450 d Widerstandsbewegung“ dafür zu verwenden. Ich habe erst bei d kommis- 451 sarischen Vernehmung erfahren, dass diese Überschrift in dem Flug- 452 blatt „An alle Deutschen“ stehen geblieben war. Scholl hat mir das Flug- 453 blatt nicht gezeigt und mir nie gesagt, wann und wo es erschienen ist. 454 Erst später bemerkte er einmal, dass „das letzte Flugblatt“ nur in Arbeiter- 455 kreise gelangt sei, worauf ich entgegnete, dass es dann sinnlos gewesen 456 sei. 457Zur Anklageschrift S. 9. 458 Ich war für Beschränkung auf Süddeutschland, weil eine Umkehr 459 vom bolschewistischen Kurs nur von Süddeutschland ausgehen könne. 460 Gegen süddeutsche Separationsideen habe ich mich schon in d Villa 461 Schmorell so scharf und eindeutig ausgesprochen, dass sich die damals 462 Anwesenden noch sehr wohl daran erinnern werden. Ich schlug damals 463 sogar vor, das Schrifttum d preussischen Befreiungsbewegung, vor allem 464 die Vorschläge von Stein’s zu studieren. 465 Zu S. 10. 466 Wo ich mich „offenbar“ zu unerhörten Beleidigungen in der Besprechung 467 mit Scholl oder gar in der Vernehmung habe hinreissen lassen, ist mir 468 unerfindlich. 46968Die Worte „angeblich in nicht herabsetzendem Sinn“ treffen den wirk- 470 lichen Sachverhalt in keiner Weise. Der Passus lautete „unterstellt Euch 471 restlos unserer herrlichen Wehrmacht“ und betonte, dass Frontstudenten, 472 Studentinnen und Studenten sich in aufopferndster Weise der Wehrmacht69 473 dem Vaterland70 zur Verfügung gestellt hätten. Von einem Widerspruch 474 zum Vorausgehenden ist keine Rede. 475 Zu dem Studentenverzeichnis habe ich mich auf S. geäussert. (– 13 –unpaginiert) 476 in den „Einlassungen“.71 477 S. 25 Ich habe gar nicht „nur“ eine politische Rechtswendung herbei- 478 führen wollen und denke nicht daran, mit einem solchen 479 “nur“ einen kleinen „Rückzug“ anzutreten. Ganz im Gegenteil: 480 Ich fordere heute wie vor Monaten diese Rechtswendung als 481 die einzige Möglichkeit, den völligen Sturz in den Bolsc[hewismus zu vermeiden]72 482 gegen den Bolschewis – 9 – 318 Rede. Schluss. 319Ich darf hervorheben, dass die Anklageschrift selbst den Kern meines Ein- 320 greifens ganz richtig angibt. In d Villa Schmorell – behauptet sie – ha- 321 be ich betont, dass die NSDAP sich immer mehr nach links wende. Kein 322 Vaterlandsfreund, der die geistige Bewegung in d Partei so genau und 323 so sorgfältig wie ich im letzten Jahrzehnt verfolgt und beobachtet 324 hat, kann mir im Ernst diese Linksbewegung bestreiten. Ich rufe 325 aber als Zeugen, dass ich diese Linksbewegung längst kommen sah 326 und mich dauernd mit der Frage einer Rückdämmung dieses 327 Kurses73 beschäftigte, den Präsidenten d Bayer. Akademie d Wissen- 328 schaften Professor Dr. K. A. v. Müller an. Ich habe ihm in vertrautem Ge- 329 spräch meine Bedenken und Beobachtungen in dieser Hinsicht 330 laufend vortragen können. Ich weiss, dass meine Bedenken ein 331 grosser Teil alter74 Nationalsozialisten teilte. Ich halte daher das 332 in der Villa Schmorell Ausgeführte auch heute in vollem Umfang 333 aufrecht. 334 Ich war mir aber auch darüber klar, dass die Abstoppung dieses 335 Linkskurses das oberste Gebot d Stunde ist. Alle Pressepropaganda ge- 336 gen den Bolschewismus ist im Grunde75 unwahrhaftig, solange 337 nicht der wachsenden76 Bolschewisierung des deutschen Staates und Volkes mit 338 allen zulässigen Mitteln Einhalt getan wird. Es gab für mich nur 339 das Mittel des offenen und öffentlichen Einspruchs, des Wider- 340 spruchs, nicht des Widerstandes. Als deutscher Staatsbürger77, als deut- 341 scher Hochschullehrer und als politischer Mensch erachte ich es als Recht nicht 342 nur, sondern als sittliche Pflicht, an d politischen Gestaltung der deutschen 343 Geschicke78 mitzuarbeiten, offenkundige Schäden aufzudecken und 344 zu bekämpfen. Ich glaube im Namen all der jungen Akademiker, 345 die hier angeklagt sind, zu sprechen, wenn ich behaupte: Die Bekämp- 346 fung des inneren Bolschewismus, der im nationalsozialistischen 347 Staat von heute immer bedrohlicher sich ausbreitet, war das sittli- 348 che Ziel unseres Handelns.79 409 Mit allen Mitteln der80 Aufrüttelung eingeschlafener Gewissen, der Einsicht 410 in die Verkehrung einer ungeschriebenen, für jeden gelten- 411 den Rechtsordnung zu dienen, ist höchste vaterländische Pflicht. – 10 – 368 Ich fasse zusammen: Was ich bezweckte, war die Weckung 81der studentischen 369 Kreise nicht durch eine Organisation, sondern durch das schlichte 370 Wort; nicht zu irgend einem Akt d Gewalt, sondern zur sittlichen 371 Einsicht in bestehende schwere Schäden82 des politischen Lebens. 372 Rückkehr zu klaren sittlichen Grundsätzen, zum Rechtsstaat, 373 zu gegenseitigem Vertrauen von Mensch zu Mensch, das ist nicht il- 374 legal sondern umgekehrt die Wiederherstellung d Legalität. 375 Ich habe mich im Sinne von Kants kategorischem Imperativ83 gefragt, was geschähe, wenn diese sub- 376 jektive Maxime meines Handelns ein allgemeines Gesetz 377 würde. Darauf84 kann es nur eine Antwort geben! Dann 378 würde Ordnung, Sicherheit, Vertrauen in unser Staatswesen, in 379 unser politisches Leben zurückkehren. Jeder sittlich Verant- 380 wortliche würde mit uns seine Stimme erheben gegen die drohende85 Herr- 381 schaft d blossen Macht über das Recht, d blossen Willkür über 382 den Willen des sittlich Guten. Wir würden im einzelnen zu 383 manchen Forderungen zurückkehren, die die Partei noch vor 384 zehn Jahren mit Recht gestellt hat. Sie haben sich im Laufe 385 dieser Jahre nicht nur nicht erfüllt, sondern in ihr Gegenteil 386 verkehrt. Die Forderung d freien Selbstbestimmung auch des 387 kleinsten Volksteils ist in ganz Europa vergewaltigt, nicht min- 388 der die Forderung d Wahrung d rassischen und völkischen86 Eigenart. Die grund- 389 legende Forderung wahrer Volksgemeinschaft ist durch die 390 systematische Untergrabung des Vertrauens von Mensch zu Mensch 391 zunichte gemacht. Es gibt kein furchtbareres Urteil über eine 392 Volksgemeinschaft als das Eingeständnis, das wir uns alle ma- 393 chen müssen, dass keiner sich vor seinem Nachbarn, der 394 Vater nicht mehr vor seinen Söhnen sicher fühlt. – 395 Das war es, was ich wollte, musste.87 Innerhalb der Partei war keine 396 Möglichkeit zum Worte zu kommen. So musste ich mich mit meinem Vorhaben 397 in Widerspruch zur Partei setzen und offene Kritik üben. Eine Kri- 398 tik, die gehört werden soll, muss sich an eine Mehrheit wenden. Ich 399 habe den allein offenstehenden Weg des Flugblattes gewählt, und dies 400 aus einem klaren Grund. 401 Es gibt für alle äussere Legalität eine letzte Grenze, wo sie unwahr- 402 haftig und unsittlich wird. Dann nämlich, wenn sie zum Deckmantel einer 403 Feigheit wird, die sich nicht getraut, gegen offenkundige Rechts- 404 verletzung88 aufzutreten. Ein Staat, der jegliche freie Meinungsäusserung unterbindet89
405 und jede, aber auch jede90 sittlich berechtigte Kritik; jeden Verbesserungsvorschlag 406 als „Vorbereitung zum Hochverrat“ unter die furchtbarsten91 Strafen stellt, 407 begeht selbst den schwersten aller Rechtsbrüche, gegen diesen Rechts- 408 bruch (ziehe) ich mit allen Mitteln *****, die der Aufklärung**92dienen 413 bricht ein ungeschriebenes deutsches, germanisches Recht, das „im gesunden 414 Volksempfinden“ noch immer lebendig war und lebendig bleiben muss.
34993 Ich bitte und beschwöre Sie in dieser Stunde, diesen jungen Ange- 350 klagten gegenüber in wahrem Wortsinne schöpferisch Recht zu sprechen, 351 nicht ein Diktat d Macht, sondern die klare Stimme des Gewissens 352 sprechen zu lassen, die auf die Gesinnung schaut, aus der die Tat 353 hervorging. Und diese Gesinnung war wohl die uneigennützigste, die ide- 354 alste, die man sich heute denken kann: Das Streben nach absoluter 355 Rechtlichkeit, Sauberkeit, Wahrhaftigkeit im Leben des Staates. 356 Für mich selbst aber nehme ich in Anspruch, dass meine Mahnung 357 zur Besinnung auf die allein dauerhaften Funda- 358 mente eines Rechtsstaates, zur Rückkehr94 zum wahren germanischen Führer- 359 staat das oberste Gebot d Stunde ist, dessen Überhören nur den95 Un- 360 tergang des deutschen Geistes und zuletzt des deutschen Volkes nach 361 sich zieht. Ich habe das eine96 Ziel erreicht, diese Warnung und Mahnung 362 nicht in einem privaten kleinen Diskutierklub, sondern an verant- 363 wortlicher, an höchster richterlicher Stelle vorzubringen. Ich habe ver- 364 geblich gebeten, sie dem Führer persönlich vortragen zu können. 365 Ich setze für diese Mahnung, für diese beschwörende Bitte zur 366 Rückkehr mein Leben ein. Ich fordere die Freiheit für unser deut- 367 sches Volk zurück. Wir wollen nicht in Sklavenketten unser kurzes
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415 Leben dahin fristen, und wären es goldene Ketten eines mate- 416 riellen Überflusses. 417 Ich hinterlasse eine gebrochene Frau und zwei unglückli- 418 che Kinder in Not und Trauer. Wollen Sie meiner armen Familie 419 wenigstens einen Lebensunterhalt gewähren, der meiner Stel- 420 lung als deutscher Hochschullehrer entspricht. Sie haben mir den 421 Rang und die Rechte eines Professors und den „summa cum laude“ erarbeiteten Doktorhut97 genommen und mich dem 422 niedrigsten Verbrecher gleichgestellt. Die innere Würde des 423 Hochschullehrers, des offenen, mutigen Bekenners seiner 424 Welt- und Staatsanschauung kann mir kein Hochverrats- 425 verfahren rauben. Mein Handeln und Wollen98 wird der eherne Gang der 426 Geschichte rechtfertigen; darauf vertraue ich felsenfest. Ich 427 hoffe zu Gott, dass die geistigen99 Kräfte, die es rechtfertigen, rechtzeitig aus 428 meinem eigenen Volke sich entbinden mögen. Ich habe gehan- 429 delt, wie ich aus einer inneren Stimme heraus handeln 430 musste. Ich nehme die Folgen auf mich nach dem schönen 431 Worte Joh. Gottlieb Fichte’s: 432 Und handeln sollst du so, 433 Als hinge von dir und deinem Tun allein 435 Das Schicksal ab der deutschen Dinge, 436 Und die Verantwortung wär’ dein.
1furchtbaren verbessert zu bedenklichen.
2Rechtsbrüchen, Rechtsverletzungen, Rechtsverdrehungen durch Streichung korrigiert zu Rechtsverletzungen.
3Sehr unsicher lesbar zu unserem Bed(*). Vielleicht zu unserem Bedauern.
4Forderung korrigiert aus Betonung.
5fast über der Zeile eingefügt.
6damals am Rand eingefügt.
7wieder getilgt zwischen doch und war.
8tibolschewistischem Sinn ein am Rand eingefügt. Der Satz sollte vielleicht ursprünglich lauten: Ich wirkte auf ihn nachdrücklich ein.
9vormittags verbessert zu Vormittags und eines eingefügt.
10legten verbessert zu las
11unvorbereitet am Rand eingefügt
12Donohoe 1961, 320 und nach ihm viele deuten hier Hubers Handschrift fälschlicherweise als Konzept.
13Zeilen 127-131 zum Teil durchstrichen und korrigiert; in () unsichere Lesarten: 127Ich kritisierte die
128 Überschrift „Blätter der Widerstandsbewegung“ als gänzlich irre- 129 führend, da (eine) Organisation g(ar nicht be)stehe und die Bildung 130einer Partei zur Bekämpfung des Parteistaates ein Widerspruch 131sei. korrigiert zu: 127 Ich verlangte die Entfer- 128 nung der Überschrift „Blätter der Widerstandsbewegung“. Ich konnte nicht anneh- 129 men, dass dieser Entwurf sofort ausgeführt wurde und zur Grundlage eines 130 Flugblattes werden würde.
14Die Zeilen 137 und 138 sind am unteren Seitenrand mit Verweiszeichen eingefügt.
15mir eingefügt.
16Am Rand das Datum eingefügt 19. Februar, wohl verschrieben für 9. Februar, vgl. am anderen Morgen... Am 19. April fand die Verhandlung statt.
17mehr über der Zeile eingefügt.
18im ganzen am Rand eingefügt.
19verschrieben für von Halder oder Halders.
20einfach schmähliche lesbar, das daneben stehende Wort widerwärtige** sehr unsicher lesbar, daneben noch ein durchstrichenes unleserliches Wort.
21gemeinen oder auch geilen (sehr unsichere Lesart) ausgebessert zu indiskutablen. Die Lesart geilen wäre ein Zitat aus Hubers Flugblatt: „Gauleiter greifen mit geilen Spässen den Studentinnen an die Ehre.“ (F 31).
22des Heldentums ohne Phrase der Kämpfer von Stalingrad umgestellt zu des Heldentums der Kämpfer von Stalingrad ohne Phrase.
23nach Studenten zwei Wörter unleserlich und durchstrichen, am Rand in d Koll[eg] eingefügt.
24privat am Rand eingefügt.
25einen verbessert zu den.
26bei dessen hinreichend bekannter Einstellung am Rand eingefügt.
27lächerlich verbessert zu unangebracht.
28Herr über der Zeile eingefügt.
29eine korrigiert zu die.
30berüchtigten und unfähigen, wobei unfähigen mit Einfügezeichen über der Zeile nachgetragen, dann korrigiert zu berüchtigten.
31Stu gestrichen und mit neuestes Studentenverzeichnis neu begonnen.
32am 9. Februar nach der Besprechung mit Harnack am Rand eingefügt.
33Nach dem Wort Wehrmacht ist das Wort: durch gestrichen.
34Die Zeilen 207 mit 209 sind am Rand mit zwei zittrigen Strichen besonders hervorgehoben.
35empört am Rand eingefügt.
36am korrigiert zu ein.
37sehr ärgerlich zuerst ausgestrichen, dann durch Unterpunktierung wieder in den Text aufgenommen.
38In der Aufregung … zurückzufordern am Rand eingefügt.
39mehrmaliger korrigiert zu zweimaliger.
40stellt korrigiert zu behauptet.
41dieser korrigiert zu der.
42Am Rand: Einschub! siehe unten! Der Einschub betrifft die Zeilen 260 mit 287 auf den Seiten 6 und 7: von Der Wortlaut der Anklageschrift …bis… auf das entschiedenste!
Text bis 239; dann Einschub 260-287; dann wieder 239-259, Fortsetzung nach 239…
43Kennzeichnung des Einschubs von Zeilen 260 bis 286.
44dementgegen am Rand nachgetragen
45die über der Zeile eingefügt.
46nicht fehlt bei Donohoe.
47nicht die Spur eines Widerspruchs korrigiert zu nicht den mindesten Widerspruch
48meinen verschrieben statt meiner
49Ende des Einschubs auf Seite 7.
50Randzuschrift, die angibt, wo der Text weiterläuft, von 239 bis 259, Von irgend einer …bis... ganz ferne liege.
51sieht er [der Entwurf] die Gewähr, Donohoe hat sieht es die Gewähr.
52Zeile 256 Ende: Und nach meiner Er-
Zeile 257innerung in meiner Vernehmung auch das Flugblatt selbst an keiner Stelle ersetzt durch: nach meinem Erinnern an keiner Stelle.
53empfahl korrigiert zu verlangte.
54darunter Mein eigener und Neuanfang 287 mit Ebensowenig.
55 schwer lesbares durchstrichenes Wort: Donohoe hat dass ichdie nicht vielleicht eher dass ichob sie nicht.
56Der Satz, Die Kritik war meinerseits … bis … ob der Entwurf und das Flugblatt sich decken, ist nachträglich mit kleinerer Schrift eingeschoben.
57Die Bemerkung bezieht sich auf Zeile 239: Ende des Einschubs, der nach den Worten „… der deutschen Wehrmacht.“ erfolgt.
58Einen Staat korrigiert zu In einem Staate
59Aus blossem Hass und Machtinstinkt verbessert zu aus blossenMachtinteressen
60Knebelung korrigiert zu Unterbindung
61auf fehlt.
62kaltem korrigiert zu eisigem.
63Zeilen 437 mit 456 sind anders als der Rest des Entwurfs mit Tintenstift geschrieben. Der Text ist nachträglich durch Querstriche getilgt. Vor 437 ein kaum deutbares Zeichen, vielleicht „Cf.“ oder „A1.“ für Anklageschrift Punkt I1 „mit Gewalt die Verfassung des Reiches zu ändern“, A 19.
64Hier korrigiert zu Ich.
65Erst gestrichen und mit Ebensowenig Neubeginn.
66einen korrigiert zu das, korrigiert zu mein.
67und das ist etwas ganz anders am Rand eingefügt.
68Der Abschnitt 469 mit 475 ist mit einem Querstrich gelöscht.
69292 Wehrmacht korrigiert zu dem Vaterland
71Die Korrektur von habe ich mich auf S geäussert zu habe ich mich in den „Einlassungen“ geäussert ist unterblieben.
72Die Zeile bricht mit dem angefangenen Wort Bolsc ab. Eine Zeile darunter gegen den Bolschewis[mus], so dass die Lesart letzter Hand die einzige Möglichkeit gegen den Bolschewismus entsteht.
73Kurses eingefügt.
74alter Nationalsozialisten Donohoe der Nationalsozialisten
75Schwer lesbar, vielleicht tatsächlich, verbessert zu im Grunde
76wachsenden am Rand eingefügt.
77B korrigiert zu S, wohl zuerst Bürger, dann Neuanfang mit Staatsbürger.
78der deutschen Geschicke aus des deutschen Sch(vielleicht Schicksals) verbessert zu der deutschen Geschicke.
79Danach eine Trennungslinie. Am Rand mit einem Einfügungszeichen: Vgl. S. 2 … eine vaterländische Pflicht. Die Einfügung bezieht sich auf den folgenden Satz Mit allen Mitteln…vaterländische Pflicht. Mit „S. 2“ war die nächste Seite, in seiner Zählung S. 10 gemeint; auf S. 2 seiner Zählung kommen die Wörter „vaterländische Pflicht“ nicht vor.
80Mit allen Mitteln der am Rand eingefügt.
81Weckung der studentischen Kreise durch Streichung unleserliches Zeilenende korrigiert zu die Weckung zur Einsicht in studentische Kreise – und erneut korrigiert zu Weckung der studentischen Kreise.
82in die bestehende Korruption (unsicher lesbar) korrigiert zu in bestehende schwere Schäden.
83kategorischem Imperativ am Rand eingefügt.
84Aus kein gestrichen, mit Darauf fortgefahren.
85drohende über der Zeile eingefügt.
86und völkischen am Rand eingefügt.
87Der folgende Abschnitt 395-400 ist Zeile für Zeile durchgestrichen.
88gegen den offenkundigen Rechtsbruch korrigiert zu gegen offenkundige Rechtsverletzung
89unterbindet am Rand eingefügt
90aber auch jede über der Zeile eingefügt
91schwersten korrigiert zu furchtbarsten
92Zeilen 407 und 408 jeweils ausgestrichen und Teile in () kaum, Teile mit ** gekennzeichnet nicht lesbar.
93Zeilen 349-367 Ich bitte und beschwöre Sie…nicht in Sklavenketten unser kurzes bilden das Ende von Seite -9- und werden am Ende von Seite -10- mit Einfügehinweis am linken Rand „Siehe Vorderseite S. 9 unten“ eingefügt.
94Mahnung zur Rückkehr, zur Besinnung … umgestellt zu Mahnung zur Besinnung…, zur Rückkehr…
95dem ist nicht korrigiert. Vielleicht sollte der Satz ursprünglich fortgeführt werden dem Untergang des deutschen Geistes…dient.
96eine am Rand eingefügt.
97Am Rand eingefügt.
98und Wollen am Rand eingefügt.
99geistigen am Rand eingefügt.
