Kurt Huber arbeitet bei seinen Studien über Volksliederforschung oft mit dem Kiem Pauli, einem bekannten volkstümlichen Sänger und Musikanten, zusammen. Da die zwei sich sachlich sehr gut verstehen, entwickelt sich darüber hinaus bald eine enge und aufrichtige Freundschaft.
Beide sitzen oft nächtelang in Bad Kreuth zusammen, diskutieren über Probleme der Volksliedforschung oder spielen und singen Lieder.
Die zwei Freunde ergänzen sich durch ihr Wissen hervorragend, denn Kurt Huber kennt alle Quellen und theoretischen Zusammenhänge und kann das Ursprüngliche im Volkslied aus den zersungenen Verzerrungen herausschälen. Kiem Pauli dagegen hat grundsätzlich eine sehr enge Beziehung zum einfachen Volk und ist darüber hinaus auch noch ein ausgezeichneter Musikant. Kiem Pauli erinnert sich 1947 an die gemeinsamen Forschungsfahrten:
»Im Oktober 1928 machten wir zusammen unsere erste Fußwanderung von Kreuth durch die Langenau ins Boareibl zu den Pflanzensetzerinnen, das waren junge Diandl aus Brandenberg, Tirol, die jeden Herbst vom Forstamt Kreuth angestellt wurden zur Aufforstung. Ich hatte die Tirolerinnen schon vorher von unserem Kommen verständigt, und so saßen wir bald mit ihnen gemütlich zusammen und tranken Tee, den die Diandln mit Zusatz von Zimt und Schnaps gemacht hatten. Ich packte meine Zither aus, ließ ein Liedl hören, und dann sangen die Diandln, ohne sich betteln zu lassen, ganz von selbst. Professor Huber war in seinem Element und schrieb alles Gehörte genau auf; er hatte ja das absolute Gehör und es war wirklich erstaunlich, wie er die schwierigsten, mehrstimmigen Jodler während des Singens sofort aufnotierte.
Da die Diandln zur Arbeit früh aufstehen mußten, durften wir die Unterhaltung nicht zu lange ausdehnen; die Diandln schliefen in einem abgeschlossenen Raum und die zwei Volksliedfanatiker lagen wie Haremswächter, in einige Dekken gewickelt, am Boden im Vorraum…. Als wir aufstanden, begrüßte uns ein herrlicher Morgen, und nach dem Frühstück, das ich für alle bereitet hatte, nahmen wir Abschied, der mir immer unvergeßlich bleiben wird! Professor Kurt Huber und ich mochten ungef ähr 100 Meter gegangen sein, als uns die Diandln einen Jodler nachsangen.
Professor Huber sagte:,Pauli schnell, etwas Papier!‘ und dann schrieb er denselben in Generalbass-schrift nieder, dabei liefen ihm die Tränen über das Gesicht vor Rührung; von den Bergen warf das Echo die Akkorde zurück und es war, als wenn die ganze Natur mitsingen würde. In solchen Momenten wird einem unter dem Brustfleck warm und mit Worten läßt sich sowas nicht ausdrücken. Als wir weiterwanderten, wurden uns noch die herrlichsten Juchezer nachgesandt… ; dann wurde es schön langsam still, und zwei selige Menschen gingen schweigend nebeneinander durchs Tal.«
Im Verein mit Kiem Pauli bringt Kurt Huber das Volkslied zu neuem Leben und Ansehen.
Er grüßt seinen Freund kurz vor der Hinrichtung mit einem Abschiedsgedicht, einer Abwandlung eines der schönsten Volkslieder über den Tod des Andreas Hofer, dem nun sein eigener glich.
Es lautet:
Ach, Himmel es ist verspielt
Ich mag nit länger leben.
Der Tod steht vor der Tür,
Will mir den Abschied geben!
Ihr lieben Freunde, ihr
laßt eure Stimmen klingen!
Ihr sollt zum Abschied mir
Das Lied vom Hofer singen.
Ihr habt des Volkes Sang
Ins Volk zurückgesungen,
Und Euer Jodler Klang
Ist mir ins Herz gedrungen.
Ihr habt mit Herz und Hand
Für eurer Lied gestritten.
Ich hab für unser Land
den bittern Tod gelitten.
Kein Mensch auf dieser Erd
Soll uns der Väter Glauben,
Der Heimat stillen Herd,
Der Berge Freiheit rauben!
Laßt uns vom »Bareibi« weit
Den alten Jodler hallen
In Bergeseinsamkeit,
Den ich geliebt von allen!
Gallt Ihr dann eins hinauf
In blaue Himmelsfernen, –
Es wird euch Antwort drauf
Dort von den ew’gen Sternen!
