Am 19. April 1943 wurde Kurt Huber zum Tode verurteilt. Statt „ehernen Nationalsozialismus zu lehren und vorzuleben“ habe er als Hochschullehrer „Reden über Föderalismus und Demokratie“ geführt. Damals ein Kapitalverbrechen.
1893 in Chur geboren, studierte Huber Philosophie und Musikwissenschaft an der Universität München. Sein wissenschaftliches Interesse galt der Tonpsychologie und der Volksliedforschung, randständige Themen, die den Einstieg in eine akademische Karriere nicht erleichterten. Promoviert 1918, 1923 habilitiert, hielt sich Huber zunächst mit Lehraufträgen über Wasser. Nach der „Machtergreifung“ änderten sich die Vorzeichen. Was Huber an nationalkonservativen Anschauungen mitbrachte, schien ihm nicht völlig aus der Zeit, substantieller jedenfalls als das opportune Gerede vieler, die eben erst ihr Deutschtum entdeckt hatten. Noch 1935 klagt er in einem Brief, es sei eben „ein praktischer Fehler von mir“, „dass ich mir eine vernünftige Stellung zum neuen Staat sozusagen Zug um Zug abringen muss“. Erst vier Jahre später erfolgte der Ruf auf ein außerplanmäßiges Ordinariat in München. Voraussetzung war der Eintritt in die Partei, aus der Huber 1943 ausgeschlossen wurde.
Der jahrelange Kampf um Existenzsicherung hinterließ Spuren. Innerlich hatte Huber bereits entschieden, sich auf Leibniz zurückzuziehen und „in weniger gefährliche mathematische Gefilde“, als er mit dem studentischen Widerstand der Weißen Rose, mit den Scholls, den Grafs, mit Schmorell und Probst in Kontakt kam. Die Faszination, die von seinen Vorlesungen ausging, war nachhaltig. Huber, erkennbar kein Protegé des Regimes, sprach Klartext: „Die Zeit der Phrasen ist vorbei“, kommentierte er die Niederlage von Stalingrad. Unter Hubers Einfluss gewannen die Flugblätter der Weißen Rose – das fünfte redigierte er, das sechste und letzte schrieb er selbst – politisches Profil. Für Deutschland hoffte Huber auf einen Putsch der Wehrmacht, lange vor dem 20. Juli, und mit deutlich anderen Akzenten als der spätere militärische Widerstand. Ausdrücklich unterstrich er die „Zusammenarbeit der europäischen Völker“: „Jedes Volk, jeder Einzelne hat ein Recht auf die Güter der Welt! Freiheit der Rede, Freiheit des Bekenntnisses, Schutz des einzelnen Bürgers vor der Willkür verbrecherischer Gewaltstaaten, das sind die Grundlagen des neuen Europa.“
Hubers Verteidigungsrede vor dem Volksgerichtshof schließt mit einem Appell an kommende Generationen, die sein „Wollen und Handeln“ rechtfertigen würden. Er gab seinem Wollen und Handeln damit zugleich eine Zukunftsperspektive: Widerstand nicht gegen, sondern für etwas: Demokratie, Meinungsfreiheit, Verteilungsgerechtigkeit, europäische Integration. Wir sprechen heute von „Werten“. Dass sie selbstverständlich wären, wird niemand behaupten.
Ziel des Kurt-Huber-Stiftung e.V. ist es, das geistige Erbe Kurt Hubers zu pflegen und sein wissenschaftliches Werk zu dokumentieren. Der Verein versteht sich als Plattform für verschiedene Initiativen: Fachtagungen zu Person und Werk, zu Themen der Erinnerungskultur und Vergangenheitspolitik, ebenso sehr aber Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit lokalen Institutionen, Theatern und Kulturträgern, die sich an ein breiteres Publikum richten.